Ein Kopf voller Gedanken

Und ich kann das doch!

Gedanken über Wehen, Geburten und eigene Kräfte

„Ich kann das nicht. 

Mein Körper kann das nicht. 

Meine Gebärmutter ist unfähig, Wehen zu erzeugen. 

Solche Frauen gibt es. 

Wirklich!“

Das waren meine Worte. 

Meine eigenen negativen Glaubenssätze. 

Aufgebaut durch einen Frauenarzt. 

Der mir dies vor der Geburt unseres zweiten Kindes sagte. 

Durch zwei eingeleitete Geburten fühlte ich mich darin bestätigt. 

Mein Körper hatte es nicht von selbst geschafft. 

Meine Gebärmutter musste künstlich angestoßen werden. 

Nur dadurch bekam ich Wehen. 

Schwanger mit dem dritten Kind hielt ich diese negativen Glaubenssätze aufrecht. 

Ich redete es mir ein. 

„Ich kann das nicht von selbst.“

Irgendwie als Schutz für mich. 

Schutz vor der Enttäuschung einer erneuten Einleitung. 

Vor zu hohen Erwartungen.

Ich lernte meine Hebamme kennen. 

Erzählte ihr von meinen bisherigen Geburten. 

Von meinen Ängsten. 

Meinen Erwartungen. 

Sie schaute mich liebevoll an und meinte dann: 

„Hast du schon einmal über eine Hausgeburt nachgedacht?“

Ich dachte bei mir:

„Die spinnt wohl.“

Da hatte ich ihr gerade von meinen Erfahrungen mit den Einleitungen erzählt. 

Von meinen Enttäuschungen. 

Nicht erfüllten Erwartungen. 

Und jetzt das?

„Eine Hausgeburt? Ernsthaft?“ fragte ich.

„Dazu wird es sowieso nie kommen. 

Ich werde wieder stark übertragen. 

Keine (Vor)Wehen haben. 

Werde von meiner Frauenärztin ins Krankenhaus überwiesen. 

Es wird so oder so wieder eine Einleitung werden.“

Und sie erwiderte ganz ruhig: 

„Das war gerade einfach mein Eindruck. 

Überleg es dir doch einmal.

Ganz ohne Druck.“

Die Gedanken daran ließen mich nicht wirklich los. 

Aber ich verschob sie immer wieder. 

Glaubte auch nicht wirklich daran. 

War mehr als skeptisch. 

Traute meinem Körper nicht. 

Zwei Monate vor dem errechneten Termin kam es mir wieder in den Sinn. 

Ich besprach die Idee mit meinem Mann. 

Auch er war skeptisch. 

Weniger wegen meiner angeblichen Unfähigkeit, Wehen selbst zu produzieren. 

Daran glaubte nur ich. 

Er nicht. 

Er war skeptisch wegen der Umsetzung. 

Und der Risiken. 

Ich entschloss mich dennoch, nach einer Hausgeburtshebamme zu suchen. 

Dachte, ich wäre sowieso schon zu spät dran. 

Damit hätte es sich dann auch gehabt. 

Doch ich hatte Glück. 

Ich fand eine Hebamme und wir verabredeten uns. 

Sie kam zu uns nach Hause. 

Für ein erstes Kennenlernen. 

Ich erzählte ihr dieselben Sachen wie meiner anderen Hebamme. 

Und sie merkte schnell: 

Da muss noch etwas passieren. 

Da müssen Glaubenssätze verändert werden. 

Das Vertrauen in meinen eigenen Körper gestärkt werden. 

Sie half mir dabei. 

Machte mit Mut. 

Ich sagte alle weiteren Termine bei meiner Frauenärztin ab. 

Weil ich mich nicht mehr verunsichern lassen wollte. 

Aufgrund des Gewichtes des Kindes. 

Der Fruchtwassermenge. 

Oder sonstigen Gründen. 

Warum es wieder zu einer Einleitung kommen könnte. 

Die Vorsorgetermine teilten sich meine beiden Hebammen auf. 

Ich fühlte mich sehr gut betreut. 

Sie machten mir Mut. 

Gaben mir gute Tipps. 

Ich lernte meinen Körper neu kennen.

Meditierte. 

Ging viel spazieren. 

Ernährte mich gesund. 

Ich lernte meinem Körper zu vertrauen. 

In mich rein zu hören. 

Meine Gefühle wahrzunehmen. 

Negative Gedanken schob ich beiseite. 

Ich versuchte, nicht an eine Einleitung zu denken. 

Es gelang mir mal mehr, mal weniger. 

Der errechnete Termin rückte näher. 

Immer wieder hatte ich leichte Wehen. 

Das war mir unbekannt.

Hatte ich bei unseren beiden anderen Kindern nicht gehabt. 

Vielleicht konnte es mein Körper ja doch?

Es kam der 26. Oktober, der errechnete Termin. 

Meine Hausgeburtshebamme kam zur Vorsorge. 

Sie untersuchte mich. 

Alles sah gut aus. 

Sie sprach mir Mut zu.

Den Geburtspool ließ sie uns gleich da. 

Mein Mann wollte ihn vor der Geburt einmal aufbauen.  

In der darauffolgenden Nacht hatte ich leichte Wehen. 

Mein Körper fing an, sich auf die Geburt vorzubereiten. 

Das fühlte ich. 

Irgendwie. 

Alles in mir wusste: 

Bald geht es los. 

Ich erlebte den nächsten Tag ganz bewusst: 

Ich genoss meinen letzten freien Vormittag. 

Ein Mittagessen mit unseren besten Freund:innen von nebenan. 

Zwischendurch leichte Wehen. 

Ich verbrachte den Nachmittag mit unseren beiden Kindern. 

Wir bauten den Geburtspool auf.

Die Kinder badeten darin. 

Mein Mann ging los um mit Freunden Kart zu fahren. 

Ich backte mit den Kindern Muffins. 

Wir gingen auf den Spielplatz. 

Ich verkaufte spät abends noch unser Auto. 

Verbrachte einen entspannten Abend mit meiner Freundin. 

Um 23Uhr gingen mein Mann und ich ins Bett. 

Jetzt war alles erledigt. 

Alles war bereit. 

Kaum lag ich, gingen die Wehen los. 

Ich duschte. 

Lief durch die Wohnung. 

Sie blieben. 

Gott sei Dank. 

Sie wurden stärker. 

Der Wehenabstand kürzer. 

Meine Hausgeburtshebamme kam. 

Sie setzte sich und beobachtete mich. 

Wollte sie mir nicht helfen?

Doch sie machte genau das, was sie im Vorhinein gesagt hatte:

Sie ließ uns unsere Geburt selbst machen. 

Sie war da.  

Um uns zu helfen. 

Wenn wir sie bräuchten. 

Sie sagte nicht viel. 

Gab uns immer mal wieder einen Tipp. 

Wir liefen vor unserem Haus auf und ab.

Ich veratmete die Wehen. 

Mein Mann war bei mir. 

Ich fühlte mich wohl. 

Viel wohler als bei den eingeleiteten Wehen. 

Weil es natürliche Wehen waren. 

Keine künstlich erzeugten. 

Die Zeit verstrich. 

Ich wurde ungeduldig. 

Wollte, dass meine Fruchtblase platzt. 

Dass es voranging. 

Wir füllten den Pool mit Wasser. 

Ich ruhte mich darin etwas aus. 

Die Kinder wurden unruhig. 

Mein Mann brachte sie zu unseren Nachbar:innen. 

Dort schliefen sie weiter. 

Und wir waren entspannter. 

Meine Wehen wurden stärker. 

Ich jammerte. 

Wollte aufgeben.

Meine Hebamme sprach mir Mut zu. 

Sie vertraute mir. 

Mehr als ich mir selbst. 

Sie strahlte Ruhe und Gelassenheit aus. 

Im Nachhinein genau das, was ich in dem Moment benötigte. 

Um 05.11Uhr platzte meine Fruchtblase. 

Um 05.39Uhr wurde unser Sohn geboren. 

Gesund und munter. 

Mit dem Gesicht zuerst. 

Überstreckter Hals. 

Sternlesgucker. 

Gequetschtes Gesicht und blaue Wange. 

Aber sonst wohlauf. 

Geboren bei uns zuhause im Geburtspool. 

Ohne Einleitung und ohne Schmerzmittel. 

Mit ganz viel Kraft. 

Aus eigener Kraft. 

Ich fühlte mich gut. 

Befreit. 

War froh, dass die Schmerzen vorbei waren. 

Dass unser Sohn gesund zur Welt gekommen war. 

Dass die Geburt in einer schönen und entspannten Atmosphäre stattgefunden hatte.

Und ich war stolz. 

Sehr stolz. 

Stolz auf mich selbst. 

Auf meinen Körper. 

Meinen Sohn. 

Und ich war dankbar. 

Sehr dankbar.

Dankbar für diese Geburt. 

Für meinen Mann. 

Und meine Hebammen. 

Die mir so viel Mut zugesprochen und mich sehr gut begleitet hatten. 

Vielen vielen Dank! 

Ich danke euch von Herzen für eure Arbeit. 

Danke, dass ich eine Hausgeburt erleben durfte. 

Danke, dass ihr mich immer wieder ermutigt habt!

Danke, dass ihr mich bestärkt habt, meinem Frausein zu vertrauen!

Danke!

Danke Dorottya. 

Danke Janna. 

Dieser Text ist für euch. 

4 Kommentare

  • Damaris

    Hallo liebe Esther,
    Wie cool- jetzt kenn ich deine Geburtsgeschichte. 😊 Details erfrage ich dann noch. 😊
    Ich freue mich so sehr mit dir/euch!
    Du hast es super gemacht!
    Und ich bin auch stolz auf dich/euch dass ihr es gewagt habt! Und es ist gut ausgegangen – trotz Gesichtslage. Ein kleines Wunder – deine Geburt – euer Sohn!
    Liebe Grüße

  • Verena

    Sehr schön geschrieben – ich hatte Tränen in den Augen. So Körper bejahend. Ich bin stolz auf dich, über die Entscheidungen, die du getroffen hast und freue mich unglaublich für dich.

  • Anonymous

    Freut mich sehr, dass du dieses „Geburts- Wunder“ erleben durftest. Glückwunsch nochmal. 🥳💪🏻
    Ich weiß ja jetzt leider auch, was es bedeutest eingeleitet zu werden.
    LG

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